, Krieger Angela

Ein Interview mit Ekaterina Kotur

Ekaterina lernte das Fechten in Russland und kam als Studentin in die Schweiz. Wollt ihr mehr über die Säbelfechterin erfahren, dann lest das spannende Interview.

Wenn ich richtig informiert bin, wurdest du in Moskau (Russland) geboren. Wie wurdest du auf den Fechtsport aufmerksam?
Das ist richtig, geboren und aufgewachsen bin ich in Moskau. Zu meinem Glück wurde in der Nähe für die Olympischen Spiele 1980 das grosse Quartier mit dem Sportzentrum gebaut, wo ich alle Sportarten ausprobieren konnte und dann mit 16 per Zufall das Säbelfechten entdeckt habe. Der Säbelclub hatte damals auch grosses Interesse, Mädchen zu trainieren, da Frauen-Säbel erstmals 1999 an den Weltcups als neue Disziplin eingeführt wurde. 

Du wurdest russische Juniorenmeisterin mit dem Säbel. Was hat dich an dieser Fechtwaffe so fasziniert?
Damals war diese Sportart für mich eher aussergewöhnlich, wenig verständlich. Ich assoziierte das Fechten eher mit einem Sportunterricht beim russischen Adel im 19. Jh. oder auch einfach mit dem Film Zorro. Ich spürte sofort: diese Waffe ist sehr dynamisch, man lernt Konzentration, schnelle Reaktion, mutig zu sein, sich zu überwinden und unabhängig zu handeln.  

Gab es zu deiner aktiven Zeit in Russland vom Staat besondere Förderkonzepte für Leistungssportler/innen im Fechtsport, wenn ja, wie sahen diese aus?
Der Club wurde vollständig vom Staat finanziert, die komplette gebrauchte Ausrüstung wurde mir ausgeliehen. Als ich mein Studium an der Uni in Moskau begann, überschnitten sich die Trainingszeiten oft mit meinen Vorlesungen. Mein Coach und ich waren sehr engagiert und haben alleine morgens oder im Sommer im Park trainiert. Vom Staat wurde das nicht unterstützt.
Fechter, welche diese Sportart als Beruf auswählen, erhalten vom Staat einen Lohn, Reisekosten werden bezahlt, es gibt einen Sport-Campus, wo die ausgewählten Sportler von ganz Russland wohnen und trainieren. Es gibt auch gewisse Möglichkeiten, eine Wohnung in Moskau günstiger zu bekommen. 

Du kamst als Studentin in die Schweiz. Hier gibt es nur einen sehr kleinen Kreis an Säbelfechter. Hast du darüber nachgedacht mit dem Fechten aufzuhören oder die Waffe zu wechseln?
Ich hatte wirklich Glück, als ich den Trainer Emmanuel Schapira kennengelernte, er hat mir sehr geholfen die Schweizer Säbel-Fechwelt zu entdecken. Als ich an der Uni Zürich studierte, sind einige Säbelkollegen ausgewandert. So entschied ich mich Yoga zu lernen. Die Waffe zu wechseln war für mich keine Option, da die Techniken zu unterschiedlich sind und der «Säbel» mir sehr gut gefällt.

Inzwischen bist du mit einem Schweizer verheiratet und Mutter. Seit 2012 bist du Mitglied bei der FGL. Du hast mit dem Säbel mehrere Schweizermeistertitel erkämpft. Gleichzeitig fechtest du noch in Frankreich bei Besançon und verstärkst dort das Säbelteam. Waren hier die Herausforderungen zu gering oder liegt es einfach an deiner Liebe zum Säbelfechten?
Während eines Turniers in Grenoble (Frankreich) sprach mich der Trainer vom Besancon-Team an, ob ich Teammitglied seiner Mannschaft an den Französischen Meisterschaften werden möchte. Ich war begeistert, geehrt und neugierig, die ganz grosse Säbel-Community von Frankreich kennenzulernen. Schlussendlich sind die Franzosen sehr stark und das Fechten ist in Frankreich sehr populär. 

Säbelfechter gelten hierzulande als eine kleine eingeschworene Gemeinschaft. Ihr unternehmt vieles ausserhalb der Vereine. Ich habe Fotos gesehen, die Säbler in Aktion in verschiedenen Lokalitäten zeigt. Macht dass den Reiz und die Besonderheit für dich aus?
Mir geht es nur ums Fechten, egal wo! Ich habe bereits draussen auf einem Sportplatz, in einer Tiefgarage, in einer Kirche oder auf einer Terrasse gefochten. Die Fechtausrüstung haben wir ja alle, es kann auch mal nicht elektrisch gefochten werden. Hauptsache man hat einen gleichgesinnten Säbelfechter und beide haben Lust zu fechten.  Da wir alle arbeiten, Familie haben oder im Studium sind, ist es eine grosse Herausforderung, sich zu den Trainingszeiten zu treffen. Dann können am Wochenende solche verrückten Aktionen passieren.

Wusstest du, dass Säbel- und Florettfechten zu den Gründungssportarten der Olympischen Spiele im Jahr 1896 in Athen gehörten? Was glaubst du, warum erhält der Fechtsport eine so geringe mediale Aufmerksamkeit?
Ich bin überzeugt, dass diejenigen, die das Fechten mal probiert haben, immer Lust aufs Fechten haben werden. Schlussendlich ist es wie ein Spiel, welches Mut, komplexes Denken und die Fähigkeit den Gegner zu analysieren, fördert. Grundsätze kann man schnell lernen und somit sehr schnell einsteigen. In jedem Alter ist Fechten erlernbar und es bereitet sehr viel Freude. In den letzten Jahren ist das Fechten in der Welt viel populärer geworden: Man sieht es in der Fashion-Industry (Olga Kharlan / Vogue Frühling 2020), in den Musik-Videos oder in den Social Medias. Es wird immer mehr zum Life-Style, jeder erkennt den weissen eleganten Fechtanzug, und die Privatschulen sind total begeistert, diese Sportart in den Schulplan einzubauen. 
Die FIE hat in den letzten Jahren das Ziel gesetzt, den Fechtsport zu popularisieren, und es wurde viel Geld in verschiedenen Ländern investiert. Bereits heute sieht man ein positives Ergebnis davon. 

Du übst den Fechtsport in verschiedenen Ländern aus. Gibt es in (früher Russland), Frankreich und der Schweiz eine andere Wahrnehmung des Sportes in der Bevölkerung?
In Frankreich oder in Russland ist diese Sportart weit verbreitet und die Gesellschaft hat mehr Allgemeinwissen über diesen Sport. In der Schweiz ist es eher ein exklusiver und wenig bekannter Sport. 

Könntest du dir vorstellen das Fechten in den Schulsport integriert wird? 
Absolut! An einem Fechtturnier sehe ich immer, dass alle Kinder, die am Turnier teilnehmen, motiviert und begeistert sind. Sie merken gar nicht, dass sie trainieren. Gleichzeitig erfolgt während des Trainings nicht nur eine physische, sondern auch eine mentale Entwicklung. Das Fechten wird oft mit Schachspielen oder Boxen verglichen. Diese Erfahrungen helfen später Hindernisse im Leben zu überwinden, eigene Erfolge zu geniessen, die Niederlage zu akzeptieren und immer nach vorne zu schauen. 

Nun die obligatorische Schlussfrage. Schaust du ab und zu auf unsere Webseite, wenn ja, was interessiert dich dort?
Ja, ich benutze die Webseite gerne. Ich schaue mir die Infos rund um die Turniere, die Rangliste oder die Galerie an. 

Liebe Ekaterina ich danke dir, dass du dir die Zeit genommen hast, um meine Fragen zu beantworten. Für die Zukunft wünsche ich dir weiterhin so viel Freude, Motivation, Energie und Einsatzbereitschaft mit und für deinen "Säbel".