, Krieger Angela

Ein Interview mit Marcus Michelotti

Nach seiner Pensionierung entdeckte Marcus Michelotti den Fechtsport durch Pro Senectute.

Wenn ich mich recht erinnere kamst du erst vor einigen Jahren zur FGL. Was hat dich bewogen im Pensionsalter eine so dynamische Sportart neu zu entdecken?
Bis vor ca. sechs Jahren kannte ich das Fechten lediglich vom Zappen am TV während den Olympischen Spielen. Es ist eine sehr schnelle Sportart, ich kannte die Regeln nicht, also zappte ich weiter zu interessanteren Sportarten. Heute ist das natürlich ganz anders!

Erst nach meiner Pensionierung fing ich richtig an Sport zu treiben. Zuerst mit Wandern in den Bergen. Der Höhepunkt war eine „Wanderung“ mit meinem Sohn auf den Kilimandscharo (5895 Meter über Meer). Der nächste Schritt war der Turnverein, wo ich wöchentlich einmal mit meinen Turnerkollegen eine Stunde aktiv bin. Irgendwann kam das Joggen dazu.  Ich habe zwei Mal den 10km Lauf am Luzern Marathon absolviert und zwei Mal den Luzerner Klassik Stadtlauf.  

Mein Einstieg zum Fechten fand ich in einem Schnupperkurs von Pro Senectute, der von der FGL mit fünf Teilnehmenden organisiert wurde. Mich hat das Degenfechten so fasziniert, dass ich als einziger bis heute hängen geblieben bin. Schade, dass ich nicht früher darauf gekommen bin!

Du bist sehr sportlich, wie hältst du dich während der trainingsfreien Zeit fit?
Da muss ich zu meinem bereits bestehenden Fitnessprogramm nicht viel ändern. Das Turnen und Fechten sind in der jetzigen Corona Zeit tabu.  Als Ersatz mache ich meine täglichen Übungen mit Krafttraining und Koordinationsübungen zu Hause. Natürlich vermisse ich das Fechten sehr, doch die Hoffnung ist gross, dass wir bald wieder miteinander fighten können.

Ab und zu besuchst du Veteranenturniere, was überwiegt, die Freude und der Ehrgeiz sich am Wettkampf zu messen oder das Beisammensein mit Gleichgesinnten?
Bei den Veteranen wurde ich sehr gut aufgenommen. Sie unterstützen mich jederzeit. Die meisten Kollegen in diesem Alter haben eine lebenslange Karriere hinter sich, ich bin ein Newcomer und finde grossen Spass am Fechten. Ich bin auch ehrgeizig und versuche immer mein Bestes. Jeder erzielte Treffer ist für mich ein Highlight. Beim Fechten braucht es Konzentration, Taktik, Willensstärke, Geschick, Geschwindigkeit, Kraft und Ausdauer. Dies sind alles Eigenschaften, die ich so lange wie möglich trainieren und aufrechterhalten möchte. Unsere beiden Trainer Milagros und Tamas schätze ich sehr, sie haben mir schon viel beigebracht.

Der Höhepunkt in meiner kurzen Fechtkarriere war im Jahre 2017 an den Veteranen Europameisterschaften in Chiaveri teilzunehmen. Mein gestecktes Ziel nicht die rote Laterne zu fassen konnte ich erreichen.

Du sprachst von deinem persönlichen Höhepunkt in deiner kurzen Fechtkarriere, die Teilnahme an der Veteranen EM in Italien. Wurdest du zur Teilnahme überredet? Es braucht Mut als "Anfänger" dort an den Start zu gehen, immerhin sind dort einige Europa- und auch Weltmeister am Start. Hast du einen erneuten Start an der EM in Erwägung gezogen?
Ausschlaggebend für meine Entscheidung an der Teilnahme an Fechtturnieren war und sind die Erläuterungen der erfahrenen Fechter und Trainer der FGL: „Erfahrung gewinnt man vor allem bei Turnieren“. Diese Aussage habe ich mir gemerkt und schon früh haben mich Christine, Wolfgang und Ali an diverse Turniere in der Schweiz mitgenommen. Durch diese Teilnahmen konnte ich wirklich profitieren und ich bekam ein gutes Selbstvertrauen und damit einige Turniererfahrungen. Ich liebe Land und Leute in Italien und Chiaveri ist ja nur einige Autostunden von der Schweizergrenze entfernt. In meinem Alter hat man schon einige Mutproben überstanden. Da für die Veteranen EM keine Qualifikation notwendig ist und mit meiner Einstellung zum Fechtsport habe ich mich spontan angemeldet. Nachträglich habe ich nichts bereut, es war für mich ein unvergesslicher, super Event. Sollte ich bis zur nächsten EM im Mai 2021 weitere Fortschritte erzielen, wäre eine erneute Teilnahme nicht auszuschliessen.

Bei den Veteranen hat es in der Schweiz je nach Kategorie, nicht einmal eine Handvoll Teilnehmer. An einer EM sind zum Teil über 200 Fechter in einer Kategorie. Was empfandest du als persönliche Herausforderung?
Die ca. 1300 gemeldeten Fechter in Chiaveri teilten sich einerseits auf in die Kategorien Florett, Degen und Säbel. Diese dann zusätzlich auf die Altersklassen. An der EM 2017 verblieben in meiner Altersklasse 70 bis 74 Jahre 40 Fechter. Das ist eine angesehene Anzahl für eine faire Klassifikation. In der Schweiz nehmen in dieser Altersklasse meistens nur 5 bis 10 Fechter teil. Die Pools in der Vorentscheidung werden dann mit tieferen Altersklassen erstellt, sodass man auch bei uns bei einem Veteranenturnier acht bis zehn Mal zum Einsatz kommt. Das ist für mich immer ein grosses Erlebnis. Für mich zählt: Ohne Ambitionen, aber dennoch ehrgeizig, ergänzt mit positivem Stress und guten Gesprächen, in angenehmer sportlicher Atmosphäre, dabei zu sein.

Der Challenge Markus Leyer ist für U8 – U17, er richtet sich an jüngere Fechter/innen. So können sie ohne grossen Aufwand Turniererfahrung sammeln. Glaubst du die Jugendlichen und oder die Eltern wissen, wie viel Arbeit hinter der Ausrichtung eines Turniers steckt?
Jugendförderung ist das A und O in jeder Sportart. Ich finde es fantastisch, dass die FGL einen so grossen Anlass für die Jugendlichen organisiert. Es bedeutet immer einen enormen personellen Aufwand, bei dem sich neben Klubmitgliedern auch viele Eltern von Junioren beteiligen. Ich freue mich sehr bei diesem Anlass auch meine Hilfe beim Auf- und Abbau zur Verfügung zu stellen.

Fechten gilt als Randsportart, obwohl diese Sportart schon sehr früh bei den Olympischen Spielen vertreten war. Was glaubst du, warum wird Fechten kaum in den Medien wahrgenommen?
Fechten ist vor allem eine Randsportart in der Schweiz, die von einigen tausend lizenzierten Fechtern ausgeübt wird. Zu schnell und zu kompliziert ist der Sport für den Laien, der die Technik und Taktik mit der Waffe kaum sieht.

Dadurch ist natürlich die Medienpräsenz relativ spärlich. Der Aufbau eines Turniers ist für Turnierbesucher nicht so gut überblickbar wie bei anderen Sportarten. Tennis beispielsweise hat im Vergleich zum Fechten ein ähnliches Ausscheidungsverfahren. Der Unterschied liegt jedoch darin, dass sich ein Tennismatch von Profis über attraktive Stunden ziehen kann, das Turnier dauert Tage. Im Gegensatz zum Fechten, wo ein Fechtkampf nur im Minutentakt gezählt wird und das ganze Turnier meist an einem Tag ausgetragen wird. Das ist für die Zuschauer unübersichtlich und unattraktiv, eine Reise lohnt sich kaum.

Mit dem Einzug der sozialen Medien könnte der Fechtsport an Attraktivität gewinnen. Max Heinzer mit seinem eigenen YouTube Kanal oder die European Confederation und FIE bieten heute den Vorteil, dass man bei grossen Fechtturnieren jeweils auf dem Handy oder Tablet eine Message bekommt, um dann den ausgesuchten Kampf in Echtzeit geniessen zu können. Das wird sich meiner Meinung nach in Zukunft positiv, auf die Bekanntheit und somit auch auf das Sponsoring, auswirken.

Schaust du ab und zu auf unsere Webseite, wenn ja was interessiert dich?
Natürlich schaue ich immer wieder auf die Webseite der FGL. Nachdem der Inhalt und Stil anfänglich eher bescheiden war, mausert sich der Auftritt der Webseite. Vor allem in der jetzigen Corona Zeit wurde vieles positiv angepasst.  Das Quiz und vor allem die Interviews sind recht spannend. Diese sollte man auch nach der Corona Zeit fortführen und auch Interviews mit Eltern oder dem Fechten nahestehenden Personen führen.

 

Lieber Marcus ich danke dir, für die Zeit, die du dir genommen hast, um am Interview mitzumachen. Für die Zukunft wünsche ich dir alles Gute und viele schöne Momente bei all deinen sportlichen Aktivitäten, insbesondere dem Fechtsport.