, Krieger Angela

Ein Interview mit Maren Zutavern

Maren Zutavern engagiert sich sehr für den Fechtsport. Seit einiger Zeit ist sie als Vize-Präsidentin im Vorstand tätig.

Maren, wie lange bist du schon mit dem Fechtsport verbunden?
Im Alter von 11 Jahren begann ich mit dem Fechtsport, da mein älterer Bruder im Fechtverein in Kirchheimbolanden (Deutschland) war. Mit 12 habe ich schon an ersten Florettturnieren teilgenommen. 

Also bin ich seit 57 Jahren mit dem Fechtsport verbunden. Wir haben auch am sogenannten «Friesenkampf» teilgenommen – eine Art Moderner Fünfkampf mit Fechten, Schwimmen, Laufen, Kugelstossen und Schiessen, aber ohne Reiten.

Als du Anfang 2000 nach Luzern zur FGL kamst, war noch Florettfechten aktuell. So haben alle angefangen, es war die "Anfängerwaffe". Du sorgtest in der Praxis dafür, dass sehr schnell umgestellt wurde, da der Verband nur noch Degenfechten fördern wollte. War das für dich schwierig, die Fechter auf die neue Waffe "einzuschwören"?
Es war auch für mich schwierig, das leichte Florett gegen den starren Degen auszutauschen. Aber es hat mich rasch überzeugt, dass wir uns auf Degen konzentrieren sollten. So können wir uns mit eingeschränkten Trainingsmöglichkeiten auf eine Waffe konzentrieren und an Turnieren Erfolge erzielen. Beim Übergang haben wir Anfängerkurse im Degenfechten gegeben und FlorettfechterInnen «umgeschult». Die Kinder besuchten dann bald Degenturniere. Die ersten Erfolge dort motivierten auch noch die nicht ganz so überzeugten Florettfechter. Und diese Erfolge waren natürlich zu einem nicht geringen Teil Dir, Angela, zu verdanken. Ich glaube, wir teilen die Leidenschaft fürs Fechten. Die enge Zusammenarbeit mit Dir hat auch mich bestärkt, intensiv dafür zu arbeiten, dass viele Kinder und Jugendliche sich für das Fechten begeistern lassen, so wie Du es vorlebst.

Ich war damals das einzige Mädchen der FGL, das an internationalen Turnieren teilnahm. Es war üblich, dass die Vereinstrainer ihre Schüler begleiteten. Wir haben einiges zusammen gesehen und erlebt. Wenn du an diese Zeit zurück denkst, was empfindest du dabei?
Ich war hoch motiviert, bei internationalen Turnieren ein hohes sportliches Niveau kennenzulernen, um dann auch entsprechend meine Coachingtätigkeit anzupassen. Ich selbst hatte als Fechterin nur internationale Turniererfahrungen in Deutschland sammeln können, da ich für Auslandsturniere kein Geld zur Verfügung hatte.

Mit Dir, Angela, und später mit den Kadettinnen des Schweizer Fechtverbands konnte ich als Coach an ausländische Turniere reisen, einschliesslich den Europa- und Weltmeisterschaften. An diese spannenden Erfahrungen in Amsterdam, Baku, Belek, Belfast, Bratislava, Budapest, Göteborg, Grenoble, Lyon, Venedig oder Wien erinnere ich mich gerne. Das motiviert mich bis heute, alles für unseren Fechtnachwuchs in Luzern zu organisieren, damit auch sie die Möglichkeit bekommen, den fantastischen Fechtsport kennenzulernen und Erfolge feiern zu können.

Der Fechtsport ist eine der ältesten olympischen Sportarten. Wenn man im Fernsehen, im deutschsprachigen Raum, die Sportprogramme anschaut, wird sehr selten darüber berichtet. Was glaubst du, woran das liegt?
Fechten ist eine der ältesten Sportarten. Das Militär bewahrte die Fechttradition und überführte es in den Sport. Meine Tochter Anne hat im Semi darüber eine Arbeit geschrieben mit dem Titel «Vom Mord zum Sport» 😉. Die militärische Tradition bremste allerdings auch die Bekanntheit des Fechtens. Er war nicht allen zugänglich und nicht im Schulsport verankert, wodurch das Fechten eine «Randsportart» blieb. Selbst die SportlehrerInnen erfahren wenig über das Fechten in ihrem Studium, obwohl fast alle Universitäten einen eigenen Fechtclub haben.

Etwas populärer ist das Fechten durch die Erfolge von Schweizer Fechtern und Fechterinnen bei Olympia und bei Welt- und Europameisterschaften geworden. Auch die EM in Montreux hat zur grösseren Bekanntheit beigetragen. Aktuell stechen natürlich hier in der Zentralschweiz die internationalen Erfolge von Max Heinzer aus Immensee hervor. Und der eigene YouTube-Kanal des internationalen Fechtverbandes (FIE Fencing Channel) hilft im Bemühen um etwas mehr Aufmerksamkeit. Und obwohl die Aufnahmen inzwischen zuschauerfreundlicher geworden sind, scheint es sich für die grossen Fernsehsender leider selten zu lohnen, Fechten ins Programm zu nehmen – das Zuschauerinteresse wird wohl als zu gering eingeschätzt.

Fechten erfordert sehr viele körperliche und geistige Fähigkeiten. Geschichtlichkeit, Gleichgewichtsinn, Konzentration, Reaktion, Schnelligkeit und Kampfgeist, das sind Eigenschaften die man guten Fechtern zuschreibt. Eigenschaften die man überall benötigt z.B. in der Schule, Ausbildung, Studium, Arbeitsplatz usw. Eigentlich der ideale Schulsport, oder?
Das ist richtig. Für mich sollte der Fechtsport in jeder Schule angeboten werden, da er viele zentrale kognitive und körperliche Fähigkeiten fördert. In England gibt es z.B. an vielen Schulen Fechtstunden. Zum Glück, konnten wir in den letzten Jahren doch recht viele Schulklassen mit dem Fechtsport bekannt machen. In den üblichen Sporttagen werden den Schülerinnen und Schülern verschiedene, weniger bekannte, Sportarten vorgestellt. Da haben wir inzwischen in der Region gute Kontakte. So sind auch eine ganze Reihe Kinder und Jugendliche bei uns im Verein gelandet.

Der Fechtsport ist in verschiedene Altersklassen unterteilt. Den wenigsten wird die Bezeichnung "Veteranen" bekannt sein. Diese Altersgruppe besteht aus 40+, 50+, 60+ und 70+. Auch diese treten zu Wettkämpfen national und international an, es gibt Europa- und Weltmeister. Einige Schweizer bringen "Titel" heim, leider finden auch diese Leistungen wenig Beachtung. Stimmt dich das traurig?
Na ja, vielleicht ist der Begriff «Veteranen» auch nicht gerade glücklich gewählt – er bedeutet ja «altgedienter Soldat». Man merkt wieder die Herkunft aus dem Militär. Aber das Fechten ist wirklich eine der Sportarten, die man bis ins hohe Alter ausüben kann – das Interview mit Heinz Schaffner hat das ja gut aufgezeigt. Der Fechtsport im Alter ist sehr sicher, hält fit und birgt praktisch keine gesundheitlichen Risken. Fechten ist eben immer eine Mischung aus Bewegung und Denken. Und durch die Bedeutung der Strategie haben ältere FechterInnen mit ihrer langjährigen Erfahrung oft sogar einen speziellen Vorteil.

Im Moment bist du Vize-Präsidentin, was ist deine Aufgabe?
Wie oben erwähnt ist es meine Aufgabe, den Fechtnachwuchs zu organisieren und zu fördern. Ich muss dafür sorgen, dass Training, Turnierbesuche, Trainingsweekends und Fechtlager für alle Kinder und Jugendliche des Vereins angeboten werden. Dazu arbeite ich eng mit Tamas Kaiser und Milagros Palma, unserem Trainerteam, zusammen. Es gehören auch die Aus- und Weiterbildungen und die Kontakte mit dem Verband. Auch bin ich die verantwortliche Kontaktperson zu Schulen, die Sportklassen führen. Hier konnten wir schon einige unserer besten JuniorInnen zu einem sportfreundlichen Schulumfeld verhelfen, das eine gezielte Weiterentwicklung garantiert. Ausserdem freut es mich, dass es immer wieder gelingt, Jugendliche als LeiterInnen für die Arbeit mit den Kindern zu gewinnen, so z.B. aktuell Maline Zimmermann, Henrik Klauser, Pascal Dernier und Patrick Märki. Schön ist es auch, dass Freundschaften im Verein entstehen und so die Einzelkämpfer im Fechten ihre Freude in der Gemeinschaft des Fechtsports finden. Deshalb fördern wir auch speziell die Teilnahme an Mannschaftsturnieren.

Schaust du ab und zu auf unsere Webseite, wenn ja, was interessiert dich?
Klar interessiert mich die Homepage. So kann ich wichtige Infos schnell an unsere Mitglieder weitergeben und habe auch einen Überblick, was sie über unseren Club und das Fechten allgemein erfahren. Gerade jetzt in der «Corona Zeit» war Dein tolles Engagement, Angela, immens wichtig, da man so einige Anregungen geben konnte, damit die Fechtbegeisterung im Lockdown nicht einrostete.

 

Liebe Maren, ich danke dir, dass du dir Zeit genommen hast für das Interview, obwohl du im privaten Bereich sehr gefordert bist und wegen der Corona-Krise vieles neu organisieren musstest. Für die Zukunft wünsche ich dir alles Gute und weiterhin viele erfüllende Momente mit dem Fechtsport.